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In a conversation between Roger Diener, Muck Petzet and Florian Heilmeyer as part of the 13th International Architecture Exhibition La Biennale di Venezia 2012, Roger Diener and the exhibition General Commissioner and architecture journalist and author reflect on the significance of reconstruction and the integration of old and new in architecture based on the project for the new east wing of the Natural History Museum in Berlin.

The project is based on the aim of completing the entire ensemble of the Natural History Museum without concealing historical traces.

The façade combines original and new elements and achieves an almost surrealistic effect with cast concrete elements. The alienating effect results from the absence of daylight and direct air supply due to the museum's sensitive alcohol collections. This led to the development of a façade that does not attempt to recreate the original state, but rather represents a new version of the existing building.

In a differentiated application of the term "reconstruction", as with the east wing, the historical context is respected and combined with modern conditions despite new requirements. Old and new elements are combined in such a way that the historical value is preserved. The decision to wall up windows serves to strengthen the façade and provides space for an artistic interpretation of history. The concept of layers is about making new and old visible and thus creating a harmonious connection between past and present. This approach is in contrast to pure reconstruction, which often diminishes the historical value. Like the Swiss Embassy in Berlin, which offers an artistic interpretation of past structures, the aim of the Natural History Museum is to create a unique effect that recalls history without directly recreating it. Petzet's notion of recycling ideas and forms, or the concept of "form recycling" to observe this process, describes an approach in which old motifs and ideas are transferred into new contexts to enable a continuous historical narrative. Roger Diener criticises the attitude of "final accounting", which offers no opportunity for further development of the existing building. He argues in favour of architects designing their work in such a way that future generations can build on it. With the experience of simultaneity, his idea of the city describes an interplay of older and newer parts that enables a multi-layered and open interpretation of architecture. The architectural contribution should reinforce the effect of the existing, not diminish it.

Schichten

Roger Diener im Gespräch mit Muck Petzet und Florian Heilmeyer

Muck Petzet: Eure Rekonstruktion des Ostflügels des Naturkundemuseums ist bereits bekannt, berühmt möchte ich fast sagen. Im Deutschen Architekturjahrbuch seid ihr das beste Projekt des Jahres, auch sonst seid ihr von Freunden und Feinden der Rekonstruktion mit Lob überschüttet worden – gerade in Berlin ist es etwas Seltenes, wenn neue Architektur nicht trennt, sondern vereint. Die Fotos von eurer faszinierenden, altneuen Fassade des Ostflügels sind bekannt, aber als ich dann das erste Mal vor Ort war habe ich die Fassade erstmal gar nicht gefunden. Man muss an einem Pförtner und an einer Schranke vorbei und findet sie dann weitab des Haupteingangs in einer Art Werkhof, an einer ganz ruhigen Stelle, von der Straße aus ist diese Fassade überhaupt nicht zu sehen. Wie habt ihr es rechtfertigen können, so viel Sorgfalt, so viel Liebe zum Detail an einer so alltäglichen Stelle einzusetzen?

Roger Diener: Das hat uns nicht beeinflusst. Der Ort ist nicht ganz von der Öffentlichkeit abgeschirmt, er ist schon zugänglich, auch die Studenten der umliegenden Institute kommen hier vorbei. Es ging uns darum, den zerstörten Seitenflügel im Sinne des gesamten Ensembles zu vervollständigen. Das Baudenkmal Naturkundemuseum sollte als Ganzes wieder hergestellt werden – ohne die Spuren der Geschichte, die komplexere Form, zu verdecken. Es ging uns um ein Miteinander von alten und neuen Teilen, also eine Gesamtfassung, die herausfordert und mit traditionellen Sehgewohnheiten bricht: Die Teile, die man in Holz oder Glas erwarten würde, sind hier in Beton gegossen. Eine fast surrealistische Wirkung.
Die Arbeit ist so angelegt, dass sie sich erst auf den zweiten Blick erschließt. Ich bin sicher, dass es Leute gibt, die daran vorbeilaufen, ohne sie zu bemerken. Wenn man den Blick direkt darauf richtet, dann ist man irritiert.

Petzet: Warum dieser Verfremdungseffekt?

Diener: Der hat sich direkt aus den Anforderungen des Auftrags entwickelt. Die Sammlung aus in Alkohol eingelegten Tierpräparaten, die gelagert und ausgestellt wird, schließt jedes Tageslicht und jede Luftzufuhr aus. In den meisten Museen werden diese Sammlungen wegen der explosiven Eigenschaft des Alkohols in unterirdischen Räumlichkeiten untergebracht. Von einer Rekonstruktion der Originalfassade konnte also keine Rede sein, auch verhängte Fenster waren keine Option.

Petzet: Dennoch ist es ein Rekonstruktionsbeitrag.

Diener: Wir scheuen den Begriff der Rekonstruktion nicht, solange man ihn differenziert anwendet. In den alten Sälen des Museums haben wir eine Vielzahl kleiner Eingriffe vorgenommen. Der Denkmalpflege gegenüber bezeichneten wir diese als Reparaturen, aber eigentlich sind es viele kleine Rekonstruktionen, ganz unsichtbar heute. Bei der Fassade am Ostflügel ging es uns darum, trotz der neuen Anforderungen nicht etwas ganz Neues zu schaffen, also ja, so ist das Projekt ein Beitrag zur Rekonstruktionsdebatte. Die Befürworter sagen jetzt, seht her, es geht doch, und die Kritiker sagen, so muss man es machen. Nicht versuchen, den Originalzustand krampfhaft auf heutige Bedingungen zu übertragen. Bei David Chipperfields Neuem Museum gab es ein ähnliches Echo. Ich denke, das zeigt vor allem, dass die erbitterte Diskussion in Berlin schon längst an einem toten Punkt angekommen ist. Die Frage, ob man rekonstruieren sollte, lässt sich nicht pauschal - mit Ja oder Nein - beantworten, auf solch eine binäre Art und Weise kommen wir gar nicht weiter. Aus der Auseinandersetzung mit dem Bestand ergeben sich so viele verschiedene, betörende Möglichkeiten.

„Wir wollten auch in den neuen Teilen einen Ausdruck für die Geschichte finden, die es im Bestand gibt.“

Heilmeyer: Bei der neuen Fassadengestaltung habt ihr euch entschieden, alle noch vorhandenen, offenen Fenster zuzumauern. Die Fenster in den rekonstruierten Fassadenfeldern hingegen zeigen noch die Profile und die Glasscheiben als Muster.

Diener: Im Bereich der fiktiven, nicht mehr existenten Fassade geht es um eine Nachbildung. Bei der noch gut erhaltenen Fassade geht es um ihre Ertüchtigung, indem wir die Fenster zumauern ließen.

Petzet: Gleichzeitig kann man sich heute nicht mehr sicher sein, ob die zugemauerten Fenster nicht schon vor eurem Umbau zugemauert waren.

Diener: Wichtig ist, dass Du am Schluss davorstehst und es dann nur noch die Frage gibt, ob es atmosphärisch aufgeht. Die neuen Teile formulieren einen Abstand zum Bestehenden, aber es ist ein sehr „leiser“ Abstand, wie ich finde. Es gibt keine Betonung der Fuge. Die Bruchstelle ist möglichst unscheinbar.

„Aus der Auseinandersetzung mit dem Bestand ergeben sich so viele verschiedene, betörende Möglichkeiten.“

Petzet: Beim Bau der Schweizer Botschaft in Berlin habt ihr schon einmal eine Verfremdung realisieren können. Ähnlich wie beim Ostflügel hat auch dort dieses Relief im bleichen Beton die Faszination eines Schwarzweißfotos, wie das Bewahren einer Erinnerung an etwas, was früher dort war. Selbst wenn man gar nicht mehr genau weiß, was dort eigentlich war. Eine künstlerische Strategie?

Diener: Ja.

Petzet: Bei der Botschaft gibt es allerdings eine viel stärkere Trennung zum Bestand.

Diener: Dort ist es etwas anderes. Der Entwurf mit dem Relief von Helmut Federle und uns verweist auf das Nachbarhaus, auf das Haus, das fehlt. Beim Relief gibt keine Bezüge zum Inneren des Hauses. Es ist nicht mal ein konstruktiver Teil des Hauses, es ist tatsächlich ganz getrennt, wie angelehnt.

Petzet: Wir haben darüber diskutiert, dass beide Projekte eigentlich eine Art Recycling sind. Nicht im technischen Sinne, denn es werden ja keine Materialien recycliert. Dafür werden aber bestimmte Bilder, bestimmte Motive wiederverwendet, eine Art Formrecycling, wenn man so will.

Diener: Es geht uns nicht um die Form im engeren Sinne, es geht mehr um die Idee von Ablagerungen, von Schichten. Wir wollten auch in den neuen Teilen einen Ausdruck für die Geschichte finden, die es im Bestand gibt. Bei einer genauen Rekonstruktion gibt es immer diese frustrierende Erfahrung, dass der Alterswert verloren geht. Beim Naturkundemuseum habe ich das Gefühl, dass es uns gelungen ist, die Zeit in einer anderen, komprimierten Form auszudrücken. Dabei können Alt und Neu überraschend selbstverständlich nebeneinander stehen und plötzlich ist es nicht mehr sicher, ob das Farbige das Alte ist, denn das Unbunte wirkt fast wie eine noch ältere Schicht, wie die Urform. Hans Döllgast hat schon beim Wiederaufbau der Alten Pinakothek in München direkt nach dem Zweiten Weltkrieg eine abstrakte Wirkung durch die neu hinzugefügten Teile erreicht. In der Vereinfachung entsteht etwas, das wie eine Rohfassung der historischen Elemente des Gebäudes wirkt. Da entsteht keine Konkurrenz zwischen Alt und Neu, obwohl es zwei klar unterscheidbare Zeitschichten sind. Sie sind aber erst einmal nicht klar einzuordnen. Die überzeugend suggestive Kraft des Gebäudes bekommt es, weil Döllgast die neuen Teile wie eine Urform neben die alten Teile stellt.

Petzet: Wo siehst Du da den Unterschied zur Charta von Venedig?

Diener: Ich glaube, dass die Charta von Venedig erheblich missverstanden worden ist, insbesondere von Architekten. Es ist fast nur ein halber Satz in der Charta, dass man das Neue so abfassen möge, dass es gegenüber dem Bestand als Neues erkennbar sei. Aber wenn man das in Charta nachliest, dann ist der erste Satz eigentlich, dass grundsätzlich das Neue die Wirkung des Vorhandenen nicht schmälern darf – danach erst kommt der Satz mit der Differenz. Diesen ersten Satz kennen leider nicht so viele wie den zweiten Satz. Das hat verheerende Entwicklungen ausgelöst, da die Architekten das als Freibrief interpretiert haben, den Bestand hemmungslos deutlich zu kontrastieren.

„Wir sind dafür verantwortlich, dass andere an unser Werk anknüpfen können, wenn das notwendig wird.“

Petzet: Wie es auch Karljosef Schattner und Carlo Scarpa später gefordert haben.

Diener: Die Werke von Schattner und Scarpa haben diese Entwicklung entscheidend geprägt. Mein Problem mit dieser Haltung ist, dass es dabei eben nicht um ein Fortentwickeln des Bestands geht, sondern eher um eine finale Bilanzierung. Es ist eine quasi ahistorische Haltung, denn sie sucht ja nach einem endgültigen Zustand. Hier das Alte, dort das Neue. Wie soll man daran noch weiter anknüpfen, wie soll man das fortschreiben? Das ist, denke ich, der Hauptunterschied zur Haltung, mit der wir in dem Bewusstsein arbeiten, dass wir als Architekten ein Projekt zu einem bestimmten Zeitpunkt bearbeiten und dass das nicht das letzte Mal sein wird. Es waren welche vor uns da, und es werden welche nach uns kommen. Wir sind dafür verantwortlich, dass andere an unser Werk anknüpfen können, wenn das notwendig wird.

„Meine Vorstellung von Stadt ist eine Erfahrung von Gleichzeitigkeit älterer und neuerer Teile.“

Heilmeyer: Aber hinterlässt man dabei als Architekt auch sichtbare Spuren?

Diener: Selbstverständlich ist unsere Arbeit nicht spurlos. Diese Spuren dürfen sogar persönliche Aspekte sein, die eigenen Interessen als verantwortlicher Architekt folgen. Aber sie müssen doch in die Grundkonditionen eingebunden sein. Darunter verstehen wir erstens den gesellschaftlichen Auftrag der Architektur: Raum in qualifizierter Form zur Verfügung zu stellen. Zweitens den örtlichen Kontext, also den Bestand. Meine Vorstellung von Stadt ist eine Erfahrung von Gleichzeitigkeit älterer und neuerer Teile. Es bietet sich ein unendlicher Fächer an Mitteln der Distanz und Nähe zwischen Alt und Neu. Wir haben als Architekten nie Berührungsängste gehabt. Wir haben uns nie gesorgt, ob sich unser Beitrag isoliert betrachtet behaupten kann. Sogar bei den Solitärbauten erwarten wir, dass sie in eine Beziehung zur Umgebung geraten, dass sie eingebunden sind und die Wirkung des Bestehenden eher steigern als schmälern.