<Neubau für den Sonderbestand der Universitätsbibliothek Basel und Instandsetzung Bernoullianum, Basel, 2024, Wettbewerb 1. Preis

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Zusammen mit VOGT Landschaftsarchitekten gewinnt Diener & Diener Architekten den Studienauftrag „Neubau für den Sonderbestand der Universitätsbibliothek Basel und Instandsetzung Bernoullianum“. Mit dem Projektvorschlag greifen der Städtebau, Architektur und Freiraum unmittelbar ineinander. Grundlage ist eine fundierte, übergeordnete Analyse des städtebaulichen und stadtgeografischen Gefüges des Universitätsgevierts zwischen Petersgraben und Klingelbergstrasse.

Die 1950er-Jahre-Erweiterung wird zurückgebaut, die Nordseite des Bernoullianums repariert und mit einem passgenauen Anbau zu einem grossen Stadtblock ergänzt. Der neue einprägsame Bibliotheksbau vermittelt zwischen den gegensätzlichen städtebaulichen Morphologien: der zeitgenössischen Spitalerweiterung und der historischen Bebauung.

Der Baukörper gliedert sich in drei «Schiffe». Im Anschluss an den Altbau mit einer Fuge ist die Erweiterung viergeschossig. In der Mitte des neuen Baukörpers erhebt sich eine Querspange, die auf den Massstabssprung des zukünftigen Spitalneubaus reagiert. Das neue nördliche Gebäudeschiff ist nur dreigeschossig. Die Basilika ähnliche Silhouette - als repräsentativer, städtischer Hallenbau - dient der kraftvollen Gestalt des ganzen Ensembles und einer gewissen Eigenständigkeit der Bibliothek.

Das Bernoullianum und der Neubau sind Teile desselben Gevierts, doch weicht der Erweiterungsbau entlang der Schönbeinstrasse kontinuierlich von der Flucht des Altbaus ab. Die leichte Abdrehung, die Wellung und die Materialisierung der Erweiterung in Holz und Glas justieren die Lichtbrechung wie ein feiner Schliff, der die historischen, festgeformten Baukörper, das Bernoullianum und den Holsteinerhof, hervortreten lässt.

Die Ausweitung der Strasse vor dem barocken Holsteinerhof ermöglicht den visuellen Bezug in den dahinterliegenden Spitalpark und begünstigt die Ausbildung eines «Square», welcher Element einer Reihe neuer Gärten von der Hebel- bis zur Mittleren Strasse ist.

Während das Bernoullianum zur Bernoullistrasse gerichtet ist, adressieren die Hauptfassaden der neuen Bibliothek die Räume der Schönbein- und der Klingelbergstrasse.

Der Bibliothekseingang liegt an der zurückweichenden Strassenfront und nimmt an dem Freiraum teil, der sich zum Square weitet. Der zweite Eingang liegt nahe der Bushaltestelle an der Klingelbergstrasse.

Eine Eingangspassage, durch ein Oberlicht akzentuiert, kreuzt die Hauptrichtung des Blocks und hat direkten Anschluss an den öffentlichen Verkehr. Sie ist das lebhafte Foyer der Bibliothek.

Mit der Umnutzung und Aktivierung des alten Hörsaals im Bernoullianum als offene Mitte, als Forum, wird die derzeitige labyrinthische Empfindung im Altbau aufgelöst. Dieses Forum initiiert eine zusammenhängende Raumfolge in Längsachse. An der Schnittstelle zum Bernoullianum entsteht ein «Neues Forum» mit Lernplätzen. In dieser offenen Raumfolge wird die Aussenwand des Bernoullianums als Innenwand des «Neuen Forums» erlebbar. Eine grosse Holztreppe verbindet die Eingangsniveaus des Neubaus und Bernoullianums. Mit dieser Treppe entsteht inmitten der geschlossenen Räume ein offener Eventbereich, dank dem die Wissensvermittlung aus dem klassischen Auditorium heraustreten und ein grösseres Publikum ansprechen kann.

Die öffentlichen Räume, das «Forum» im Bernoullianum, das «Neue Forum» und das «Foyer» folgen der natürlichen Topographie. Teil dieser Raumfolge sind der «Lesesaal» und der grosse Seminarraum.

Der «Lesesaal» ist von einem Oberlicht überspannt und besitzt im Kopfbereich ein grosses Fenster zur Hebelstrasse. Der hohe Raum bildet die konzentrierte, stille Mitte der Bibliothek. In der zweiten bis fünften Etage haben die Mitarbeitenden der Sammlungsabteilungen ihren Arbeitsplatz. Die vier eigentlichen Sammlungsgeschosse liegen unterirdisch.

Das neue Bibliotheksgebäude an der Seite des Bernoullianums soll zur Wiedererkennung des ganzen universitären Ensembles um den Petersgraben beitragen. In der Atmosphäre der neuen Fassaden sollen sich Merkmale des neobarocken Bernoullianums und der Lochfassaden des Kollegienhauses von Roland Rohn, das relational zur alten Universität entstanden ist, verdichten.

Beziehungsreich und abstrakt präsentiert sich der Erweiterungsbau mit einer schlichten und zugleich flirrenden Hülle. In die durch Wellen rhythmisch gegliederten, holzverkleideten Längswände an der Schönbein- und der Klingelbergstrasse sind hochformatige Fenster eingelassen und wie im diskreten Fugenbild der flächigen Travertinfassade des Kollegienhauses zu Gruppen geordnet. Die Fassaden des höheren Querriegels verweben Fenster, Fassadenstützen und Photovoltaikelemente zu einer rasterartigen Struktur. An der Hebelstrasse prägt die Öffnung zur Belichtung des Lesesaals und Seminarraum die Fassade.

Das Zusammenspiel von Wand und Öffnungen ist so schlicht gehalten wie die Fassaden von Johann Jakob Stehlins Flügelbauten, die an den Mittelbau anschliessen und die Nüchternheit und Klarheit als die Grundzüge der naturwissenschaftlichen Disziplinen betonen. Die Form mit dem Basilikamotiv hat etwas Nobles. Gleichzeitig erinnert die Holzfassung an Hallenbauten und so auch an Produktionsstätten. Der lichte Ocker-Tonwert der neuen Fassaden nimmt die farbliche Zurückhaltung der Fassadenfelder des Bernoullianums auf.

Wettbewerb: 1. Preis, 2025
Datum: 2024 - 2025
Ort: Universität Basel, Bernoullistrasse 30, 4056 Basel, Schweiz
Bauherr: Kanton Basel-Stadt, Bau- und Verkehrsdepartement
Programm: Archiv, Büros, Lesesaal, Foyer, Schulungsräume, Werkstätten, Magazin, Bibliothek
Bruttogeschossfläche: 21`290 m2 (bestehendes Gebäude + Neubau)
Bauingenieure: Schnetzer Puskas Ingenieure AG
Landschaftsarchitekt: VOGT Landschaftsarchitekten

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  • Schwarzplan
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  • Erdgeschoss 200
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