<Ruhrmuseum Zeche Zollverein, Essen, 1999–2000, Wettbewerb 1. Preis

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1986 war die Kohleförderung auf Zeche Zollverein im Ruhrgebiet beendet. Still blieb die von Martin Schupp und Fritz Kremmer errichtete grösste Zeche der Welt zurück, die 1932 in Betrieb genommen worden war. Die Produktionsabläufe bestimmten Gestalt, Organisation und Disposition der kubischen Baukörper. Form und Funktion waren hier zu einem eindrucksvollen Ganzen gefügt: eine Stahlskelettkonstruktion mit einer Stahlfachwerkfassade aus Beton und Klinker, die von wandbündigen horizontalen Fensterbändern unterbrochen ist. Schacht XII wurde zum Symbol des Reviers und einer Kulturlandschaft, in der die rasante Industrialisierung durch den Bergbau unübersehbare Spuren hinterlassen hatte.

Im Zuge des Strukturwandels der Region (Internationale Bauausstellung Emscher Park) wurde 1999 ein eingeladener Wettbewerb für die Umnutzung der Kohlenwäsche zu einem Museum für Natur- und Kulturgeschichte des Ruhrgebiets ausgelobt. Diener & Diener gewannen den ersten Preis.

Um das Bauwerk als zentrales Zeugnis einer untrennbar verbundenen Folge von Bauten, Räumen und Maschinen, welche die Kohle geführt und verarbeitet haben, zu bewahren und zugleich zu inszenieren, lässt der Entwurf die Maschinenräume im Inneren unberührt. Das Kontinuum bleibt intakt und damit die Kraft und Wirkung der Produktionsstätte, so als würde sogleich wieder alles ins Laufen kommen. Die Zeit scheint in den kalten Hallen kurz stillzustehen. Der Besucher erlebt das Gebäude, die Kohle und die Maschinen unmittelbar – ohne eine didaktische oder interpretierende Schicht. Der Umbau der Kohlenwäsche zum Museum tritt nach aussen durch eine Erweiterung in Form einer Aufstockung in Erscheinung. Die Aufstockung aus rahmenlos gefügtem Gussglas führt den Baukörper nach den dem Gebäude eingeschriebenen Regeln zu Form, Konstruktion und Material fort, sodass sich seine Höhe verändert, aber die Kontur der Struktur erhalten bleibt. Die mit Biegemomenten belastete Konstruktion soll durch das darüberliegende Tragwerk der Aufstockung so entspannt werden, dass keine Verstärkung notwendig wird. Die Kohlenwäsche der Zeche Zollverein als Architektur des Ruhrmuseums würde somit weithin sichtbar sein, ohne fremde Überlagerung oder Zeichenhaftigkeit der Veränderung.

Im Vorfeld der Bewerbung um die 2001 erfolgte Aufnahme der Zeche Zollverein in die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO wurde das Projekt jedoch wieder abgesetzt. Die Begründung war, dass die Aufstockung die Dominanz des markanten Förderturms gefährden und damit die Akzeptanz als Weltkulturerbe verhindern könnte. Hingegen sprachen sich Persönlichkeiten der deutschen Denkmalpfleger für den von Diener & Diener vorgeschlagenen Umgang mit dem Industriedenkmal aus.

Die Kohlenwäsche wurde nach dem Entwurf von OMA und Böll & Krabel zu einem Besucherzentrum umgebaut und 2010 eröffnet, nachdem OMA bereits 2002 den Masterplan für die Zeche verfasst hatte.

in Zusammenarbeit mit Conzett, Bronzini, Gartmann
Wettbewerb: 1. Preis, 1999
Datum: 1999—2002
Auftraggeber: Internationale Bauausstellung Emscher Park
Ort: Zeche Zollverein, Essen, Deutschland
Bruttogeschossfläche (BGF): 12.000 m²
Programm: Dauerausstellung, Wechselausstellung, Depot, Bibliothek, Büros und Ausstellungslabor, Besucherzentrum Zollverein + Foyer RuhrMuseum, Restaurants, Hörsaal und Filmsaal, Museumspädagogik
Bauingenieur: Conzett, Bronzini, Gartmann
Fassadenplaner: Emmer Pfenninger Partner

Diener 0774-ZZE Ruhr-Museum-Zeche-Zollverein Essen P5919-0308
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