Architekt des 1870/71 erbauten privaten Stadtpalais war Friedrich Hitzig, Schinkelschüler. Sein Bauherr war Friedrich Frerichs, ein Direktor der Berliner charité .Das Gebäude am Rande des Tiergartens im Berliner Bezirk Mitte im neoklassizistischen Stil und ist seit 1919 Sitz der Schweizerischen Botschaft. Ursprünglich im Alsenviertel in einen Block mit ähnlichen Stadthäusern einbezogen, tritt es heute als Solitär zwischen Hauptbahnhof, Bundestag und Kanzleramt und Spreebogen in Erscheinung. Während des NS-Regimes wurde nahezu die komplette Umgebung abgerissen, um der geplanten «Großen Halle» des gigantischen «Welthauptstadt Germania»-Projekts Platz zu schaffen; die Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs taten ihr Übriges. Nach 1945 war die schweizerische Botschaft der einzige erhaltene Bau des historischen Viertels und 1961 durch den Bau der Mauer an den Rand von Westberlin gerückt. Mit der Wiedervereinigung 1989 änderte sich die städtische Situation. Das Gebäude behauptete nun eine Lag deutschen Hauptstadt und gab ihm Gewicht.
Wesentliche Intention der Erweiterung an der Ostseite war die Ergänzung und Fassung des Palais im Sinne eines urbanen Fragments. Der Neubau ist als ein zweites Gebäude neben den Altbau gesetzt. Die Komposition seiner Fassade folgt einer freien Symmetrie, vergleichbar mit Gunnar Asplunds Erweiterung des Göteborger Rathauses. Die Fassade des Palais verliert als Teil der gesamten Komposition an Schwere und gerät in Bewegung. Der neue Bau tritt nicht als autonomes Volumen in Erscheinung, sondern als Trakt, der in enger Korrelation und formaler Wechselwirkung mit dem existierenden Gebäude entwickelt wurde. Alt und Neu verbinden sich zu einem architektonischen Ganzen, in dem Gegenwart und Geschichte gleichermaßen präsent sind.
Im Erweiterungsbau sind die diplomatischen und konsularischen Dienste untergebracht. Der kleine Hof ordnet die nach Norden und Osten gerichteten Räume. Der schematischen Ordnung der klassizistischen Palastfassade steht die elementare Figur von Wand und Öffnung gegenüber. Im Wechselspiel von leeren Maueröffnungen und Wand entstehen vielfältige Dialoge zwischen Innen und Aussen, Massivität und Öffnung, Alt- und Neubau. Auch durch die Materialität seines Äusseren ist der Neubau zum Palais in Beziehung gesetzt. Die Zementmischung mit farbigen Sanden und das Sandstrahlen schaffen Tonalitäten zwischen Grau und Ocker. Die Fassade des Neubaus wurde fugenlos in einem Arbeitsgang gegossen. Es waren 36 Stunden. Oberdorläer Muschelkalk, der für Teile der Altbaufassade eingesetzt wurde, ist neu verlegt am Boden im Neubau wiederzufinden. Alt und Neu korrespondieren, ohne den Zeitsprung ihrer architektonischen Sprache zu leugnen.
Eine künstlerische Fassung von Helmut Federle ergänzt das Ensemble auf der Westseite und gibt der Brandwand ein eigenes Gesicht. Das orthogonale Relief aus rohem Beton dehnt sich über die gesamte neue Kopffassade. In seiner skulpturalen Wirkung vereint es sich mit der Architektur. Das Relief ist zugleich Repräsentation des Abwesenden: Die Wand steht nicht mehr für das zerstörte Haus, das sich hier anschloss. Dem Gefüge der massiven Betonbänder ist vielmehr die Erinnerung an die Zeitläufe eingeschrieben. In der Gestalt des Reliefs ist sie zu bleibendem Ausdruck transformiert.
Wettbewerb: 1. Preis, 1995
Datum: 1995—2000
Auftraggeber: Eidgenössische Finanzverwaltung, Bundesamt für Bauten und Logistik
Ort: Schweizer Botschaft in Berlin, Berlin, Deutschland
Bruttogeschossfläche (BGF): 2.897 m² (Neubau), 2.804 m² (Altbau)
Programm: Empfang, Büros, Residenz und Gästewohnung, repräsentative Säle, Garten
Bauingenieur: Walther Mory Maier
Technische Gebäudeplanung: Waldhauser Haustechnik
Garten Design: Kienast, Vogt + Partner
Beratung ,béton architectonique': Jean-Pierre Aury
Relief Westfassade: Helmut Federle
Innenausbau: Diener & Diener mit Peter Suter
Kunst am Bau: Pipilotti Rist
Relief Westfassade: Helmut Federle